Vom Traunsee in die ganze Welt
20.01.2025
Allgemein, Kultur & Brauchtum, Printmagazin "Anders g'schaut"
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Wenn man der Statistik glauben darf, besitzt jeder zweite Haushalt in Österreich zumindest ein Stück Gmundner Keramik.
Tradition und Innovation
Wir wollten genau wissen, was hinter der Faszination dieser Keramik steckt, was sie so besonders macht und wie sie es schafft, Tradition mit zukunftsweisender Innovation zu verbinden. Marlene Friesacher, Tochter des Eigentümers, hat mit uns einen Blick über den Tellerrand hinausgewagt und uns verraten, was die Manufaktur im Herzen des Salzkammerguts so einzigartig macht.
Handwerk vom Allerfeinsten
Jeder Teller, jedes Häferl, das die Gmundner Keramik verlässt, ist zuvor durch mindestens 60 Hände gegangen. Die Menschen, denen diese Hände gehören, arbeiten mit viel Know-how und Leidenschaft an jedem Stück. Was nicht perfekt ist, wird aussortiert. Festgestellt wird dies übrigens durch einen sachten »Klopfer«, der händisch ausgeführt wird und mittels eines länglichen Holzklöppels die Keramik trifft. Am Klang hört der versierte Prüfer, ob das Material dem Qualitätsstandard des Unternehmens entspricht.
Die Handschrift des Salzkammerguts
Das Herzstück des Werks in Gmunden ist der Arbeitsplatz derer, die der Keramik zu ihrem einzigartigen Design verhelfen: Die Keramikmalerinnen und -maler machen jedes Stück tagtäglich zu dem, was es ist – einem Unikat!
Mittels Stempel werden die unterschiedlichen Umrisse der Muster auf die Werkstücke aufgetragen. Beim Bemalen geht es nicht nur darum, gekonnt mit dem Pinsel die Motive aufzubringen, sondern auch darum, zu wissen, wo und wie man die bereits teilbemalten Häferl, Teller und Schüsseln angreift, um das Stück fertig bemalen zu können. Das anspruchsvollste Motiv ist übrigens die Jagd.
Die hohe Kunst des Flammens
Und dann gibt es noch jene Frauen, die das Flammen der Keramik beherrschen. Die Schnörkel und Kringel – ganz klassisch in Grün – gibt es heute in fast allen Farben. 2021 wurde diese Handarbeit zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO ernannt. Was einfach aussieht, braucht Jahre des Übens, bis man tatsächlich an eine Flammstation darf. Auf was es ankommt? Auf eine einzige, flüssige Bewegung des Auftragens, genau in der richtigen Geschwindigkeit, sodass die korrekte Menge an Farbe auf der Keramik haften bleibt.
Aber was ist es denn nun, was die Gmundner Keramik so besonders macht? Das jahrhundertealte und weltberühmte Traditionsunternehmen schafft es, sich tagtäglich in der modernen, automatisierten Welt zu behaupten. Gmunder Keramik bleibt am Puls der Zeit und bewerkstelligt es gleichzeitig, alte Handwerksberufe nicht aussterben zu lassen.
Im Gespräch mit Marlene Friesacher
Als Tochter des Eigentümers hat Marlene Friesacher einen ganz speziellen Bezug zur Gmundner Keramik: »Ich bin seit 2018 Teil der Eigentümerfamilie des Unternehmens. Ich sehe die Firma aber nicht ausschließlich als Arbeitsplatz, sondern vielmehr als Traditionsunternehmen, in dem ich dazu beitragen kann, dessen Bestehen über weitere Jahrhunderte zu sichern«, sagt die junge Frau, die gerade ihr Bakkalaureats-Studium in Spanien abgeschlossen hat, mit Begeisterung in den Augen. Der Respekt der Tradition und den Mitarbeitern gegenüber, der nachhaltige Umgang mit Ressourcen und dass die Handwerkskunst nicht verloren geht, liegen ihr dabei besonders am Herzen. Auf die Frage nach ihrem Lieblingsmotiv muss Marlene Friesacher nicht lange nachdenken: »Nach Spanien habe ich mir den ‚grauen Hirsch‘ mitgenommen. Wenn ich in der Früh daraus meinen Kaffee trinke, ist es ein kurzer innerlicher Moment, in dem ich mich wie zu Hause fühle.«
Autor: Iris Walcher